Forschendes Studieren

Üblicherweise wird Wissenschaft unterteilt in Forschung und Lehre; so z.B. im Art. 5 des GG. Das Hochschulrahmengesetz fügt der Freiheitsgarantie für Forschung und Lehre die für das Studium hinzu. Damit wird nicht nur den Gegenständen des Studiums, sondern auch der Studientätigkeit selbst grundsätzlich wissenschaftliche Qualität zugebilligt. 

Die Grundsätze für Studium und Lehre der TU Darmstadt aus dem Jahre 2009 formulieren:

„Die TU Darmstadt bekennt sich zur Idee der Universität als Gemeinschaft der Lernenden und Lehrenden sowie zur Einheit von wissenschaftlicher Forschung und Lehre. Hierzu gehört die kritische Auseinandersetzung aller Beteiligten mit den jeweiligen Wissensbeständen (lernende Forschung) sowie deren Erweiterung durch aktive Mitarbeit (forschendes Lernen).“

Forschendes Studium heißt dabei nicht, dass Sie Forschungsleistungen erbringen, mit denen Sie persönlich den Stand der Wissenschaft vorwärts bringen, sondern dass Sie jene Haltung zum Studium entwickeln und praktizieren, welche die unverzichtbare Grundlage für die Möglichkeit solcher Forschungsleistungen ist. Dass Sie Wissenschaft nicht lediglich aufnehmen, sondern selbst betreiben, und zwar von Beginn des Studiums an.

Forschung heißt, sich auf Neuland zu begeben; neue Erkenntnisse hervorzubringen. Forschung ist also eine produktive Tätigkeit und insofern weitaus mehr als bloße Aufnahme vorhandener Wissensbestände.

Natürlich wird von Ihnen nicht erwartet, dass das Neuland, das Sie betreten, für die Wissenschaft insgesamt Neuland ist. Neuland ist der Bereich, dem Sie sich in forschender Haltung nähern, zunächst vor allem für Sie selbst. Und erobern werden Sie es nicht, indem Sie sich von Anderen berichten lassen, was es dort zu entdecken gibt, sondern indem Sie sich selbst auf die Entdeckungsreise begeben. Nur durch das eigene Denken kommen Sie weiter, auch wenn Sie oft den Spuren anderer folgen werden, die vorher schon dort waren.

Nicht alle Hochschullehrer teilen übrigens das Konzept eines forschenden Studierens von Studienbeginn an. Der Frankfurter Universitätspräsident beispielsweise zeigte sich in einem Beitrag für die FAZ 2008 wie mancher seiner Professorenkollegen überzeugt, dass die meisten Studierenden gar kein Interesse an einem forschungsorientierten Studium hätten; das solle man einer kleinen Gruppe von Höchstleistungsstudierenden vorbehalten. (Link zu diesem Artikel: http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/hochschul-debatte-ist-hu...)

Sie müssen also damit rechnen, dass die Hochschullehrer/innen Ihnen gar nicht erst das Interesse am Forschen zutrauen; dass sie sich vielmehr in ihren Lehrkonzepten an dem von ihnen erwarteten Lerninteresse der Studierenden orientieren und Ihnen eher Stoff zum Lernen als Anlässe zum selbst Denken anbieten. Machen Sie sich davon nicht abhängig. Haben Sie Mut und tun Sie es trotzdem, auch wenn SIe sich nicht zu den „Höchstleistungsstudierenden“ zählen.