Klausur

Klausuren gehen von der Unterstellung aus, dass Sie das Thema vorher nicht kennen, das Sie zu bearbeiten haben. Dennoch müssen Sie sich darauf vorbereiten können.

Die beste Vorbereitung wäre zweifelsohne eine umfassende Kenntnis des gesamten Faches oder Fachgebiets, in dem Sie die Klausur schreiben, so dass Sie nichts überraschen könnte und Sie auf alles vorbereitet wären. Das ist unmöglich. Um sich auf eine Klausur vorbereiten zu können, muss man den Bereich, aus dem die Themen stammen können, eingrenzen. Entweder ist klar, dass Ihnen nur Kenntnisse abverlangt werden, die Ihnen in einer Lehrveranstaltung oder in einem Zyklus von Lehrveranstaltungen vermittelt wurden. Oder es gibt Absprachen mit dem Themensteller über entsprechende Eingrenzungen.

Eine Klausur zeichnet sich zudem durch den enormen Zeitdruck aus, unter den Sie gestellt werden. Nur, was Sie in zwei bis vier Stunden zu Papier bringen können, zählt, egal, was Sie sonst noch alles im Kopf haben und zu Papier bringen könnten, wenn man Ihnen mehr Zeit ließe. Hier wird also Geschwindigkeit zu einem Maßstab für wissenschaftliche Qualifikation. 

Daraus ergibt sich, dass Sie sich auf eine Klausur auch unter dem Gesichtspunkt vorbereiten sollten, dass Sie schnell arbeiten können. Mit der Fülle und dem Tiefgang Ihrer wissenschaftlichen Kenntnisse hat das wenig zu tun. Wichtiger ist, dass Sie in der Lage sind, aus Ihrem Wissensschatz schnell das Benötigte auszugraben und ihm Struktur zu geben; dass Sie beim Schreiben nicht ständig nach passenden Worten suchen und um die richtige Formulierung ringen müssen.

Wenn Sie sich nun auf den Bereich, aus dem das Klausurthema vermutlich gestellt werden wird, vor allem in der Weise vorbereiten, dass Sie lesen und nochmals lesen, dann werden Sie zwar möglicherweise über viel Wissen verfügen, auf das Sie in der Klausur zurückgreifen können. Was Sie wissen, wird ein Vielfaches von dem sein, was Sie in den paar Stunden niederschreiben können. Sie werden also nicht vor dem Problem stehen, dass Ihnen nichts einfällt. Aber Sie sind völlig unvorbereitet auf das Problem des Zeitfaktors.

Natürlich müssen Sie sich einen soliden Wissensfundus schaffen. Aber das ist nicht alles. Auf das Problem des Zeitfaktors können Sie sich nur vorbereiten, wenn Sie Übung darin haben, Ihr Wissen zu sichten, zu ordnen und zu strukturieren (wenn Sie das können, haben Sie zu Beginn der Klausur schnell eine brauchbare Gliederung stehen); und darin, Ihre Gedanken schriftlich zu formulieren (dann brauchen Sie während der Klausur nicht verzweifelt nach Formulierungen zu suchen; der Text „fließt“ Ihnen „aus der Feder“).

Für beides gibt es kaum einen besseren Rat, als zu den vorgesehenen Themenbereichen der Klausur zu Hause vorweg kleinere Aufsätze zu schreiben. Sobald Sie sich eine gewisse Basis an Kenntnissen durch Lektüre geschaffen haben, sollten Sie versuchen, dazu aus dem Kopf eine kleine Abhandlung zu schreiben. Dabei ordnen Sie schon einmal Ihre Gedanken, Sie bekommen Übung, die betreffenden Sachverhalte zu formulieren, und Sie merken, wo Sie noch Lücken haben. Außerdem bekommen Sie ein Gefühl dafür, wie viel man in bestimmter Zeit schreiben kann. Warten Sie damit nicht bis zum Tag vor der Klausur. Machen Sie sich die Mühe schon frühzeitig. Dann können Sie aufgrund der dabei gemachten Erfahrung Ihre inhaltlichen Vorbereitungen gezielter fortsetzen und sich kurz vor der Klausur noch einmal hinsetzen und Ihr nun erweitertes Wissen ausformulieren.

Es ist nicht nötig, dass Sie das Klausurthema genau kennen. Formulieren Sie für Ihre Abhandlungen ziemlich umfassende Themen. Sie werden dann länger brauchen, all Ihr Wissen dazu in eine gedankliche Ordnung zu bringen und niederzuschreiben. Vielleicht ein paar Tage. Aber die Mühe lohnt sich. Ist das Klausurthema dann enger gefasst, müssen Sie gedanklich zwar abspecken, können aber auf das, was Sie an gedanklicher Ordnung und Formulierungen im Kopf haben, zurückgreifen, ohne ein ausformuliertes Papier in der Tasche zu haben. Denn was man einmal geschrieben hat und erst recht, was man zweimal geschrieben hat, ist wesentlich präsenter, als was man nur gelesen und im Kopf verarbeitet hat.

Sie dürfen aber nicht versuchen, Ihre zu Hause geschriebene Abhandlung wörtlich zu rekapitulieren, also diese Abhandlung auswendig zu lernen. Dann werden Sie unflexibel in Bezug auf die Anpassung des Gedankenaufbaus an die genaue Themenstellung der Klausur. Und Sie suchen womöglich krampfhaft nach den wörtlichen Formulierungen in Ihrem Gedächtnis und verlieren Zeit, wenn sie Ihnen unter dem Druck der Situation einfach nicht einfallen wollen.